Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Begegnung
Als du gesenkten Blicks neben mir gehst, die Lippen aufeinander gepreßt, frage ich: Du bist wieder in dunkle Gedanken gewickelt? Da schaust du auf, gehst zwei, drei Schritte dichter neben mir und streifst meine Hand mit deiner. So wird es leichter.
 
 
27. Juli 2020, 12:16                               ° gemerkt

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Nachtalb
Im Dunkel weckt mich dein Klagelaut. Halb im Schlaf drehe ich mich zu dir, umfange deine Schultern, ziehe dich an mich, küsse dir den Nacken, und deine Stimme wandelt sich von Bedrängnis zu Behagen, murmelt Liebes und nimmt uns beide wieder mit in den Schlaf.
 
 
16. Juni 2019, 21:52                               ° gemerkt

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somnium pondus
Im Traum bin ich Kind und beobachte dich, den hellblonden Jungen, über eine weite Wasserfläche hinweg; du hockst, einen Stock in der Hand, auf einem Stein und starrst in den schwarzen Fluß. Die Sonne zeichnet dein Bild getreu aufs Wasser, etwas da unten fasziniert dich, du bist ganz versunken, da kommen zwei große, schattenhafte Gestalten, wohl deine Eltern, und du läßt den Stock ins Wasser fallen, verläßt deinen Platz am Ufer und folgst ihnen, ein hüpfender Funken auf dunklem Grund, und hast nicht herübergeschaut, hast mich nicht gesehen.

In Tränen erwacht.
 
 
16. März 2019, 23:54                               ° gemerkt

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Geschenk
Du hast mir einmal etwas aufgeschrieben, eine Geschichte oder eher eine Beobachtung, zu der kehre ich wieder und wieder zurück: Ein Moment in meinem Leben, als du noch nicht Teil davon warst, der dann Teil unserer Geschichte wurde, den hast du festgehalten und sorgsam eingeschlossen wie eine Flaschenpost, und die hüpft nun auf dem Strom meiner Zeit, daß ich wieder und wieder danach greifen und sie betrachten kann.
 
 
25. Oktober 2018, 12:27                               ° gemerkt

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Zeichen
(Und wie, wenn ich aus dem Bad komme, meine in der Hast auf dem Boden mit deinen verwickelten Kleider auf dem Bett liegen, glatt ausgebreitet, sorgsam angeordnet, als wären sie neu und kostbar, dann mischt sich in das Bedauern, sie wieder anziehen zu müssen, eine kleine Wärme.)
 
 
18. April 2018, 11:10                               ° gemerkt

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So ist das.
Wieder und wieder biegt sich der Tag zurück zu jenem vor Jahren, als du am Bahnsteig auf mich wartetest; wie heute war es schon dunkel, und du, ganz zurückgezogen hinter Kragen und Mütze, schautest so ernst, als du mich in die Arme nahmst (und fluchtest gleich darauf, weil ein Güterzug vorüberrumpelte);

die erste Berührung, das erste Lachen, der erste Tausch von Wärme; wie du dich in meinen Heimweg stelltest und mich dringlich batest, mit dir zu kommen,

wie aus den Hunderttausenden von Worten ein Leib wurde, kluge Augen und Hände und schöne Lippen, wie wir uns Du sagten und dann feststellten, wir kennen uns längst, und hier ist ja mein Platz.

Das alles ist mir nah, während ich dir fern bin. Den Ort, an dem wir uns trafen, gibt es heute so nicht mehr; das Du, das ist immer wieder neu gewachsen und geworden und hört noch lang nicht auf.
 
 
14. Dezember 2017, 19:04                               ° gemerkt

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Keine Kleinigkeit
Aber das doch, daß ich dich liebe, das mußt du, Lieber, ertragen.
 
 
10. August 2017, 00:34                               ° gemerkt

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Dialogisch
Nun aber lege dich, Lieber, und laß dich hexametrisch küssen
  — fehlt dem Distichon was, weiß meine Zunge den Rest.
 
 
30. Januar 2017, 15:15                               ° gemerkt

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Tier
Wir steigen aus dem dunstgefüllten Tal. Auf der Höhe setzt die Sonne den Nebel unter Strom; im kochenden Weiß zeichnet sich ein Stück Weg ab, eine Baumreihe, der Waldrand als Ahnung. Auf der Weide davor löst sich aus den treibenden Schwaden der Schatten eines Pferdes, das grast.

Als wir näher kommen, sehen wir die dicke Mähne, den Behang über den Hufen, der aus den Beinen Baumstämme macht, und dunkelgraues Fell. Das Tier richtet sich auf und wittert in unsere Richtung.

Schau dir diese Muskelstränge an, sagst du, was für ein gewaltiges Tier. Geballte Kraft, nichts Leichtes, kein Tanz. Das ist ein Ackergaul, ein Rückepferd, das könnte sich ins Geschirr werfen vor Pflug oder Wagen oder Holz, nichts wäre dem zu schwer.

Die Sonne hat sich fast durch den Nebel gebrannt; das Fell des Tiers glänzt dunkel, wie Metall. Ein rotes Geschirr leuchtet auf. Reitpferd wird es sein, vielleicht mal einen Festwagen ziehen. Verschwendung, denken wir und wissen nicht, ob das Pferd das auch so sieht. Es hat sich abgewandt und grast wieder.

Wir gehen im sich auflösenden Nebel davon; wir haben noch ein Stück Wegs vor uns. Wir sind Wandernde. Uns ist das Weit gemäß und das Weiter.
 
 
22. November 2016, 11:35                               ° gemerkt

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Deinen Nacken küssen
Unser Ziel ist schon zu sehen, da wechseln wir noch einmal die Richtung und suchen uns ein Plätzchen ohne Wind. Ein paar Stufen vor einer Gartenmauer müssen reichen, trocken und nicht direkt im Blick; da lassen wir uns vorsichtig zwischen Steinbrech und Mauerpfeffer nieder, und ich umarme dich hinterrücks und halte dich fest.

Die Zeit bitte ich, nicht so schnell zu vergehen; den Weg, etwas zu warten. Ein wenig Abstand, bitteschön. Dann schließe ich die Augen und tauche in deinen Duft. Jeder Atemzug kostet mich einen Kuß, das ist ein leichtes, und wärmt mich für das Ende unsres Tages. Das ist süß und bitter in gleichem Maße, und als der Weg sich schließlich räuspert und die Zeit mit den Füßen scharrt, bin ich so froh, wie man traurig nur sein kann.
 
 
20. März 2016, 18:05                               ° gemerkt

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