Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Rauschen
Wir machen einen neuen Fluß auf. Grün ist er und hat sich tief ins Tal geschnitten. Da sitzen wir auf einer Mauer, staunen ins Enge hinab und winken der Traktorladung Touristen, die sich in Serpentinen durch den Weinberg kutschieren läßt.

Wir gehen und gehen, und es ist wie immer anders, als man denken könnte: Steigungen sind leichter als die abschüssigen Pfade. Der Himmel hat ein Einsehen und verhüllt die Sonne; aber was er nicht in Wolken verstecken kann, ist die gewaltige Autobahnbrücke übers Tal. Wie von einem Riesenkind da hineingeklemmt, verbindet sie die Hügelkronen auf beiden Flußseiten, und emsig dröhnen darauf Fahrzeuge in beide Richtungen.

Der Krümmung des Flusses folgend, wälzt sich der Lärm durchs Tal, heftet sich an unsere Fersen und läßt sich nicht abschütteln; Kilometer strecken sich in summendem Rauschen, hin und wieder zerrissen von einem LKW-Geheul. Das macht die Beine schwer. Ich fasse dich von Zeit zu Zeit; dann geht es wieder ein Stück.

Wir rasten mitten auf dem Weg, am Rande eines Rapsfeldes. Der Boden schlägt eine schöne Welle für uns, in die wir uns hineinschmiegen. Um uns herum ist Sommer mit Staub und Insekten, Reifen und Dörren, müden Vögeln und dem nun ferneren Geräusch der Autobahn.

Der Tag rundet sich um uns; wir trödeln, besichtigen, essen Torte. Wir erzählen uns, wir hören einander. Die Müdigkeit am Ende ist nicht nur die eines Weges in der Sonne; es ist diese Schleppe aus Lärm, die uns drückt. Die schütteln wir ab, lassen sie am Wegrand liegen. Nächstes Mal nehmen wir die nicht mit.

(Später sehe ich im Spiegel zwei Farben: meine Hand auf der Brust, als wären es die Häute zweier verschiedener Menschen. Als wäre ich nicht allein nach Hause gekommen.)
 
 
27. Juni 2014, 23:00                               ° gegangen

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