Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Unterm Schleier
Ich konnte die Augen kaum mehr offenhalten. Die Türen nach draußen standen weit, die Hitze des Tages entwich -- und alles schlief, und überall war Nacht.
Es huschte im Gebälk. Du lagst eine Armeslänge, eine Unendlichkeit entfernt von mir, ein anders dunkler Umriß in der Schwärze. Alles, was mir fehlte. Ob du, fragte ich, ein Gedicht wissest für mich, zum Schlafen?
Im Dunkeln sah ich, wie du dich aufstütztest. Dann sprachst du, nach den Worten tastend, mit leiser Stimme vom Weg durch eine nächtliche Stadt, von unsichtbaren Bäumen und schwarzen Fensterscheiben und einer einsamen Laterne, hoch über den Giebeln in der Ferne, ein wachsamer Gruß für den Wanderer.
Und die Worte waren so schön; ich grub das Gesicht hinein und drückte sie an mich, wie ich das mit deiner Hand getan hätte, andernorts, und dann hatte mich der Schlaf auch schon davongetragen.
Am hellen Morgen weckte uns der Hahn. Das erste, was ich sah: war dein Gesicht.
28. Juli 2014, 16:21 ° gemerkt
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