Wir waren am Bahnhof verabredet, du warst auf dem Weg zur Arbeit; wir hatten uns ewig nicht gesehen. Du gabst mir in aller Eile deinen Schlüssel, und ich machte mich auf den Weg zu dir. Ohne dich.
Ich klingelte nicht, und du machtest mir nicht auf. Du gingst nicht voran die Treppe hoch, und ich folgte dir nicht; beim Händewaschen reichtest du mir nicht die Seife, und ich küßte dir nicht den Nacken. Alles duftete wie du, alles klang nach leerer Wohnung.
Dann fand ich auf dem Küchentisch: eine Tafel Schokolade, meine liebste Sorte, unter einem Zelt aus Papier, und darauf stand ein Willkommen, und ich solle nicht hungrig bleiben, und: bis bald.
So einfach. Ich fühlte mich von einem Stück Papier umarmt, von deinen Zeilen darauf geküßt.
Wortgeschenke. Die sind über Raum und Zeiten schön.
(Als Kinder haben wir beim Betasten der verpackten Geschenke unterschieden: was Weiches, was Hartes oder was zu lesen. Was zu lesen war da schon das beste.)