Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Unverschämtheiten
Der Weg durch den jungen Sommer, beide scheinen kein Ende zu haben, liegt herrlich vor uns, trägt uns in Schleifen über steinige Hänge und von Dorf zu Dorf. Wir gehen, und daß wir zusammen gehen, macht uns leuchten.
(Kein Wunder, daß der Kellner im Eiscafé mich als deine Ehefrau bezeichnet. Die Pensionswirtin dürfte noch den Kuppelparagraphen erlebt haben, doch auch sie fragt nicht nach.)
Wir gehen und lassen uns von der Sonne bescheinen. Sie hat den ganzen Tag Zeit dazu. Wir machen Um- und Abwege; unbekannte Vögel singen, und Käfer sitzen wie Schmuckstücke in Blütenkelchen. Einmal stoppt uns ein Räuberblick: an der Hangkante steht ein Falke im Aufwind, zitternd wie an straff gespannten Fäden; so nah, als könnten wir ihn mit der Hand berühren und so fern, wie nur ein Wesen der Luft den Bodengängern sein kann.
Ein gerahmter Spiegel in einem Feldbaum zeigt uns: zwei glücklich verschwitzte Wanderer, die sich an Brot und Käse und Wasser freuen. Später kaufen wir auf einem Dorffest ein Stück Torte am Kuchenstand, während der Bürgermeisterrede einladend leer, und eröffnen so versehentlich und vorzeitig das Büffet.
Es kennt uns ja keiner. Wir queren Landstraßen, lachen über Kirchen, schlafen in einem Bett und lassen das zweite links liegen. Es kennt uns keiner. Wir gehen, und die Sonne bescheint uns.
Am Ende willst du weiter gehen, und ich will zum Bahnhof; da ist der Himmel verhangen, und ein Wind bläst uns ins Gesicht. Nach all der Sonne ist uns plötzlich kalt, da hilft kein Kaffee. Ach, die Enden; was sind die Unverschämtheiten, die wir uns herausnehmen, gegen sie?
1. Juni 2015, 23:26 ° gegangen
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