Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Leicht
Vormittags: Gluthauch des Sommers, nachmittags: Gewitter, so war es angesagt. Wir begannen den Tag mit einem Kaffee und einem Gelächter und sprachen über Wohngegenden, als hätten wir eine zu wählen, während wir die Stadt forstwärts verließen.

Du trugst leichte Schuhe und leichte Kleider, deine Haut noch frühlingshell. Mir war das alles andere als egal; aber keinen Fleck hatten wir lange für uns. Ja, haben die Leute denn nichts anderes zu tun? Und: Noch ein paar Schritte gehen?

Der Tag schritt aus, wir waren schneller; der Weg lief sich von selbst. Noch nicht müde? Noch nicht müde. Kirschenmichel heißt es bei uns, Kirschenplotzer bei euch, man müßte mal einen machen mit den Kirschen hier vom Wegesrand, süßsauer und wie aus rotem Glas.

Wegkreuze, Rainfarn und wildes Oreganum, ein Postkartenblick, sieben Berge, ein Vulkan und immer noch kein Regen, nicht Blitz noch Donner --

Da lag schon der Fluß, da das Dorf, da der Bahnhof. Schon vorbei? Merkst du den Weg denn auch nicht in den Beinen? Wir könnten noch ein paar Schritte ...

Meine Muskeln, meine Knochen, meine Lunge kehren sich nicht mehr groß an Kilometern, nur meine Seele, die hat sich heillos in deiner verhakt. So leicht das Gehen mit dir ist, so schwer ist das das Auseinandergehen.
 
 
25. Juli 2013, 18:47                               ° gegangen

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Reife
Ein Biß, und die Aprikose tropft Zucker über meine und den Samt ihrer eigenen Haut. Kirschenschwarz spiegelt Blau ohne auch nur eine Wolke. Über all dem der Duft von Erdbeeren, nun die wirklich allerletzten. Der Sommer wird rund und träge; seine Früchte muß man essen, ehe Staub sich auf sie legt.

Dieser Tage ist mein Herz schwer und süß. Nimm nur, Lieber; ich teile gern.
 
 
20. Juli 2013, 14:47                               ° entfernt

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Im Wald
Drei Tage immerzu mit dir: deine Stimme inmitten von Kiefernduft. Wo die Vögel zwischen ihren Liedern heidelbeerklecksen, blauzüngige Küsse. Blicke in die Richtung eines Fingerzeigs. Staunen. Freude.

Und der Hunger: Schneid mir doch von dem Brot ab, etwas Käse, ein Stück Speck. Lieber, ich betrachte dich, wie du sorgfältig und genau das Messer führst, wie deine Hand sich spannt, dein Arm. Die Klinge trennt ein Stück vom Ganzen; und wie du mir das Geschnittene reichst mit einem Lächeln.

Die kleinen, kleinen Verrichtungen deiner Hände. Noch während ich sie sehe, fehlen sie mir schon.
 
 
15. Juli 2013, 21:57                               ° danach

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Stirnhelle
Immer wieder mußte ich dorthin, zu allen Jahreszeiten, in Träumen, in Gedanken. Und nun endlich: mit dir an meiner Seite.

Den Weg hatte ich anders in Erinnerung; du gingst geduldig mit mir nach den Bildern aus meinem Gedächtnis suchen. Die blieben flüchtig, doch du nahmst meinen Ort und schenktest ihn mir neu: Du schlugst für mich einen Pfad in die Bergflanke und säumtest ihn mit Heidelbeeren. Aus den Kiefern, so arg in die Länge gezogen, machtest du mir einen rauschenden Rahmen für den Blick übers Tal. Zarte Grasrispen neigten sich an unserem Weg, und Farn leuchtete im Dämmer. Wir nahmen Platz.

Die Sonne wurde eine glühende Münze drüben hinter der Burg, ein Feuerwurm, ein Fünkchen. Dann zog kühl die Nacht auf mit Wind in den Kiefern, und wir krochen in die Schlafsäcke. (Später machtest du mich wach: schau doch! -- Eine Handvoll Glühwürmchen taumelte über uns hin bis zur Kante des Berges; irgendwann trieb der Schwarm tanzend zurück. Ich hatte, ach, Jahre keine Glühwürmchen mehr gesehen.)

Der Wald wurde still. Du und ich, beieinander wie in der Fläche einer großen, guten Hand, das einzige, was atmete. Die Bäume wuchsen bis ins All, in den Kiefernzweigen hockten weiß die Sterne. Der Schlaf: ein Gruß aus der Ewigkeit.

Morgengrau weckte die Vögel, und die weckten uns. Die Welt hatte ihre gewöhnliche Größe wieder. Kirchturmuhren maßen die Zeit. Der Kocherkaffee krümelte in den Tassen; wir packten, stiegen in die Stiefel, und der Weg nahm uns auf den Rücken. Dieses Heim verließen wir, ohne eine Tür zu schließen.

Daß du und dieser Ort einander mögen würdet -- ich hatte es gedacht; jetzt ist die Sehnsucht doppelt: nach diesem Ort, mit dir.
 
 
14. Juli 2013, 19:00                               ° gegangen

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