Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Hoch hinaus
Was ein guter Weg ist, das führt erst einmal nach oben, hoch zur ersten Aussicht, wo man zu Atem kommen kann und sich das Herz beruhigt.

Du und ich, wir folgen einander still; links und rechts nickt das Sommergras zu jedem unserer Schritte. Als Belohnung gibt es Kirschen aus aufgelassenen Gärten, unansehnlich und köstlich; die allerschönsten aber hängen hoch als Bild vor blauem Himmel.

Das ist der Sommereinbruch: Ein heißer Wind vom Tal her trägt Holunderblütenduft, Kiefernharz und wilden Thymian. Der Blick wird diesig, und der Schatten -- jeder Schatten -- ruft.

Wir nehmen einen Pflaumenbaum, der Früchte trägt; klein und grün sind die und beißen mit Säure zurück. Durchs niedrige Gezweig scheint Blau und macht uns ein Zelt, ein Zimmer, ein Dach überm Nest im Gras. Da hüllen wir uns in die Mittagsgesänge der Vögel, tragen Sonnenflecken als Schmuck, und den geteilten Schrei küssen wir einander von den Lippen. Wie schön du bist. Wie schön ich bin bei dir.

Später schlafe ich, vom Höhenwind gestreichelt, und träume: ein riesenhaftes Teleskop, in Teilen in der Landschaft verstreut; gemeinsam fangen wir an, es zusammenzubauen, was nicht leicht ist. Ich klemme ein Stück zwischen die Knie, und wir stecken es mühsam und sorgfältig zusammen ...

Als ich erwache, wandert eine Ameise über deine Schulter, da, wo sie an meiner liegt. Sie sieht uns nicht, sie sieht nur ihren Weg. Sie weiß nicht, daß wir zwei sind und daß wir hier nicht bleiben, sondern heute schon wieder auseinandergehen werden, am Ende unserer Wanderung.
 
 
18. Juni 2013, 15:01                               ° gegangen

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Neunzig mal zweihundert
Nachts betrachte ich dein Gesicht auf dem Kissen, hell und klar im Licht der Straßenlaterne. Du schmollst nicht im Schlaf, du lächelst; alle Flächen glatt, alle Linien wie mit dem Silberstift gezeichnet. Du scheinst. Hinterm Wimpernglanz weiß ich deinen Blick, das Dunkelste an dir, ganz auf deine Träume gerichtet.

Dein Atem fließt sanft über mich hinweg ins Ferne.

In der Weite deines Bettes haben wir Welten gestaltet, dem Untergrund Falten und Täler beigebracht, Deckengebirge aufgetürmt. Inmitten dieser Landschaft finden wir einander, zwei Körper, warm und winzig in der Dunkelheit, eng geschmiegt, daß wir uns nicht verlieren im Schlaf.
 
 
16. Juni 2013, 15:38                               ° danach

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Aussichtspunkt
So weit ich auch hinter mich blicke: Wie oft in meine Gedanken über dich und mich noch nie gehört.
 
 
16. Juni 2013, 13:06                               ° eingenordet

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Quengeln
Und wie die Zeit mit diesen schleppenden Schritten geht. Jetzt beginnt sie auch noch zu hinken, stark übertrieben natürlich; gleich bricht sie, es sieht ganz danach aus, vollends zusammen.

Ich möchte die Tage schubsen, daß sie endlich aus dem Weg gehen; innerlich brülle ich sie an. Viel zu viele Stunden gibt es!

Morgen, das weiß ich genau, werden sie in aller Hast zusammenpacken und das Feld räumen; dann haben sie wieder anderswo zu tun, und die paar, die uns bleiben, werden wieselflink sein, forellenschnell vorbei.
 
 
11. Juni 2013, 18:54                               ° entfernt

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Dreißigtausend Meter
Die Strecke, die du geplant und mir elektronisch gesendet hast, sei vielleicht ein wenig weit, schreibst du. Eine schöne Strecke, mit Anstiegen und Ausblicken, Wald und Fluß. Ein kleines Sigma ungefähr, ein bißchen verzitterter Zierat daran.

Versehentlich schalte ich die Kartenansicht auf global. Auf meinem Bildschirm drängen sich nun die Kontinente: Unsere Wanderstrecke ist ein blauer Punkt, ein Einstich in der Mitte Europas, umzingelt von Landesgrenzen. Von Algerien aus nicht wahrnehmbar; verglichen mit den Weiten Skandinaviens egal.

Ich klicke wieder und wieder auf „Vergrößern“. Links verschwindet Spanien, rechts die russische Föderation hinterm Bildschirmhorizont. Oben fehlt bereits Dänemark, unten Italien, und immer noch ist das Zentrum dieser Karte ein blauer Punkt, ein Ameisenauge.

Schottland ist nicht mehr und nicht die Alpen, Paris und Prag fallen gleich von meinem Tellerrand, doch mehr als die Farbe läßt sich nicht erkennen von unserem geplanten Weg.

Endlich steht rechts Tschechisch und links Benelux, und da haben wir es wieder, das Sigma, das kleine, mit Länge und mit Breite. Drei, vier Vergrößerungen später erst lese ich Ortsnamen, sehe ich Gipfel und Täler und Bahnhöfe.

Lieber, schreibe ich dir, natürlich gehen wir die Strecke. Einmal um die Erde sind es auch bloß vierzigtausend Kilometer.
 
 
6. Juni 2013, 17:44                               ° entfernt

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