Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Schutzmantel
Der Weg, so herrlich (und von dem du keine Stunde hattest hergeben wollen), er endete nach einem Kaffee am Kirchlein außerhalb des Dorfs, an der Westmauer zwischen Kräutern und Pfarrergräbern; da lagst du auf einer harten Bank in der Abendsonne, den Kopf auf meinem Schoß, und ich wanderte mit meinen Fingern über deine Wangen, deine schöne Stirn. Der Brunnen nahebei rauschte üppig, vielleicht meinte er den Fels, den Mosis Stab geschlagen; so quoll in mir die Zärtlichkeit, daß alles andere Denken, alles Fühlen verblaßte, und übrig blieb: daß es dir wohlergehe. Daß du es nie anders habest als gut. Ich hätte die Ränder dieses blauen, blauen Himmels fassen und um dich ziehen mögen wie einen Mantel, daß nichts dir jemals etwas anhaben könne.
Und über dem Rauschen, über Eidechsen, Weinraute und toten Pfarrern wurde der Himmel allmählich blasser, das Blau ließ sich doch nicht halten; da standen wir auf und gingen, jedes mit seinen Gedanken, Hand in Hand dem Bahnhof zu, über dem es dunkel werden und der uns wieder in verschiedene Richtungen bringen würde.
7. Februar 2015, 09:07 ° gegangen
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Entzücken
Ich kann spüren, wie du dich unter meinen Händen verwandelst, wie du unter meinen Lippen ans Äußerste deiner selbst gerätst, wie nichts mehr ist zwischen dir und mir als deine Haut, mir ganz und gar zugewandt, und meine Antwort ist ein Atemzug, ein Zittern an der Oberfläche, ein Vergessen bis auf den Grund.
5. Februar 2015, 13:11 ° eingenordet
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Apfelblüte
Ist das die Dauer? Ist es das, was, welk und trocken, fortwehen wird? Oder gibt es ein Wachsen danach, ein Reifen, eine Ernte?
Worte sind so leicht.
29. Januar 2015, 12:22 ° gestolpert
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Heimwärts
Langsam weiß ich wieder, wie die Namen auf den Ortsschildern klingen, auch wenn ich manche zum ersten Mal lese. Ich nenne sie dir alle, immer tastend, ob da noch Geschichten kommen wollen nach so langer Zeit.
Der Weg mäandert -- ist das nicht der Nußbaum von vor einer Stunde? -- und hält sich auch nicht ganz an die Karte; ich mäandere anderweitig: war nicht J. von B. nach W. gezogen? Und der Vater von S., hat der nicht in L. gearbeitet? Du kennst sie alle nicht, aber du gehst geduldig neben mir, schaust mit mir über die Autobahn und geschwollene Dörfer.
Schließlich der Wald, der mein allererster war (oft auf den Schultern des Vaters, wenn ich nicht mehr mithalten konnte); und wie ich plötzlich einen Baum erkenne (kann das sein, im Wald einen Baum?), zierlich erscheint er mir, aber die Gestalt stimmt, und ich denke, das muß er gewesen sein; vielleicht irre ich mich, ich weiß es nicht.
Am Waldrand deutest du auf ein Schild: drei Kilometer nur bis zu meinem Dorf, zur Schule und Bach und Bäckerei, Straßen und Winkel voller Kindergeschichten, alter Freuden und Kümmernisse ... Ach, da möchte ich nicht hin; laß uns heute den anderen Weg nehmen, heute den Kirchturm von ferne betrachten. Aber wenn ich irgendwann diese drei Kilometer auch noch gehe, dann hätte ich dich gern bei mir.
26. Januar 2015, 20:37 ° gegangen
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