Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Im Mai
Siehst du uns den Berg hinaufstapfen durchs frische, feuchte Grün? Welcher Mai das wohl ist? Das Flußtal, gezwängt zwischen Schiefer, blinkt uns immer wieder zu; immer wieder umfangen Kiefern uns mit ihrem Duft. Und die Schwalben, in welchem Mai haben wir sie gesehen, schrill und hungrig von der Reise? Weißt du die Kühe noch, die uns beschauten: eine Delegation junger Rinder, und die vorwitzigste wollte dich küssen? Wir haben ihren Ohren mit den Händen zurückgewinkt; war das dieses Jahr oder ein anderes? Der Hund, der uns vom Zaun vertrieb, als habe er wahrhaftig Besseres zu tun? Das Brot, das wir teilten? Und wie es dann doch noch warm wurde zur Rast?
Deine Hand, dein Lächeln. Ein Witz, den wir uns hin und her erzählen. Stehenbleiben auf dem Weg, umschlungen. Das gleichzeitige Verstummen unterm zirkelnden Bussardschatten. Und, da, eine Goldammer, ein Specht, ein Kleiber ... Jahr für Jahr bei den Schlüsselblumen, wenn der Sommer auf Anfang steht, im Kreis der Zeit: wir, immer wieder. Weißer, faltiger, gebeugter, immer wieder im Mai, wenn die Welt sich verjüngt in frischem, feuchtem Grün, den Berg hinaufstapfend: siehst du uns?
1. Mai 2015, 23:48 ° gegangen
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unhaltbar
Die Rechten ineinander verschlungen, stehen wir am Bahnsteig im Morgenlicht. Meine Linke hält den Knoten unserer Hände wie einen Vogel; deine bedeckt ihn, als könne er zerflattern wollen. Wir schauen einander an, die Augen noch voller Nacht, und wissen: der nächste Zug, der kommt, wird eins von uns mit sich nehmen, und in den Händen werden wir nichts zurückbehalten als die Kühle dieses Tages.
29. April 2015, 16:07 ° danach
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Verbindung
Die Vögel singen sich müde im Laub, das schon das Abendlicht hält, ganz unversehrt und ohne Sommerstaub. Neue Stengel, neue Blüten, neue Knospen in Fülle. Die Mühle schaufelt Himmel, blaß wie Opal, und die Abbilder der ernsten Weiden Blatt um Blatt, Zweig um Zweig den Bach hinunter.
Es ist auch dein Himmel, der sich in meinem Bach spiegelt, dein Abend, von dem meine Amseln singen. Wir gehen unserer Wege in derselben Jahreszeit, beide ohne einander, und haben das gemeinsam, immerhin.
26. April 2015, 00:25 ° entfernt
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Schwarzer Peter
Ehe ich mich wappnen kann, hat mich die Angst am Kragen und flüstert mir Geschichten ein, die mir schwarz vor Augen werden. Für einen Augenblick scheint meine Welt zu kippen.
Daß du nun weißt von diesem Moment, macht es mir leichter und dir schwerer, und das, das ist unser Gleichgewicht. Das ist gut und schlimm, schrecklich und schön gleichermaßen.
21. April 2015, 00:21 ° gestolpert
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