Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Farben
Ein ganzer Landstrich für uns: der Weg führt gleich in Raubvogelhöhen, und wo wir hinwollen, können wir tief drunten im Dunst schon ahnen. Der Himmel trägt noch sanfte Farben, doch ins Waldbodenlaub gestreut strahlen Sternhyazinthen, bestürzend blau, rührend wie Tränen.
Der Wald ist noch kahl. Man muß genau schauen, dann sieht man, wie dicht die Knospen vorm Springen stehn. Wir gehen neben- und hintereinander und sagen gar nicht viel, und immer wieder packt mich das Glück: da bist du, deine Hand in Reichweite, wir haben einen Weg und ein Bett zur Nacht.
Wir finden eine Bank am Weg für Brot, Wurst, Käse und Äpfel aus dem vorigen Jahr. Was sehen die Wanderer, die uns lächelnd grüßen? Unsere ernsthafte Freude sicherlich; Eintracht; Abenteuer vielleicht.
Am Abend trotten wir zweimal an der Unterkunft vorbei; ich bin zu müde zum Schilderlesen. Aber die Wirtin hat uns ein Zimmer nach hinten raus gegeben, und das goldene Uferlicht verzaubert für uns den nächtlichen Fluß.
Ich bestaune deine Fähigkeit, überall daheim zu sein. Wo ich ein Fleckchen des Zimmers bewohne und den Rucksack gar nicht auspacke, da streckst du dich, hängst deine Kleider über Möbel und gehst ein und aus. Etwas von diesem Daheim strahlt ab auf mich, und da fällt es auch mir nicht schwer.
In der Nacht ziehen sich alle Farben zurück; uns bleibt nur das Weiß. Im weißen Bett liegen wir Stirn an Stirn und halten einander fest; deine Haut wie Milch, fast durchsichtig dein Gesicht um den Glanz der dunklen Augen. Du bist, denke ich, als schon der Schlaf nach mir greift, ein Wesen von weit her, zielstrebig geflogen, nun leicht und nackt in meinen Armen.
Morgens wecken uns Amseln und schimpfende Enten zu einem himmelgrauen Tag. Auf dem Weg weiter drehen wir uns immer wieder und bestaunen die zurückgelegte Strecke. Nach vorn schauen mögen wir nicht recht, denn da wirst du mir abhandenkommen, anderer Wege gehen; und das bleibt schwer, ganz gleich, wie oft es uns schon geschehen ist.
19. März 2016, 18:26 ° gegangen
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nicht alles verstehen
Wenn ich mich im Spiegel anschaue, sehe ich nichts Besonderes; ein alternder Leib, Gesicht und Hände mit Spuren von Zeit und Leben. Daß du mir sagst, ich sei schön -- Lieber, das muß etwas in deinen Augen sein, darum nehme ich's mit einem Lächeln hin. Und bin, für dich, schön.
7. März 2016, 12:57 ° betrachtet
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drahtlos
Wie leicht und schön das Gespräch mit dir ist, und nicht nur in der bestimmbaren Schnittmenge. Alles wird sagbar und lädt noch Fragen ein. Im Gespräch hätten wir uns überall gefunden.
Wenn es kein anderes Ende gibt, an dem du wärest, werde ich ein Stift ohne Mine, eine Schaukel an nur einer Kette, ein Segler, dem ein Flügel fehlt. Der Mangel selbst trägt noch ein ganzes Stück, und an sein Ende möchte ich nicht kommen.
26. Februar 2016, 15:57 ° entfernt
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rücksichtslos
Bei dir liegen (Glieder und Lider schwer, untragbar schwer) und nichts wollen als Ruhe und Dunkelheit.
Doch dein Finger zieht leuchtende Spuren über meine Haut, die sinken ein und verzweigen sich in mir und wachsen heran, da sind Ruhe und Dunkelheit neben dir nicht mehr genug, da verlangt es mich nach dir, nach mehr von dir und nur noch nach dir.
Bei dir liegen, lichterloh.
22. Februar 2016, 15:20 ° danach
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