Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Rauschen
Wir machen einen neuen Fluß auf. Grün ist er und hat sich tief ins Tal geschnitten. Da sitzen wir auf einer Mauer, staunen ins Enge hinab und winken der Traktorladung Touristen, die sich in Serpentinen durch den Weinberg kutschieren läßt.

Wir gehen und gehen, und es ist wie immer anders, als man denken könnte: Steigungen sind leichter als die abschüssigen Pfade. Der Himmel hat ein Einsehen und verhüllt die Sonne; aber was er nicht in Wolken verstecken kann, ist die gewaltige Autobahnbrücke übers Tal. Wie von einem Riesenkind da hineingeklemmt, verbindet sie die Hügelkronen auf beiden Flußseiten, und emsig dröhnen darauf Fahrzeuge in beide Richtungen.

Der Krümmung des Flusses folgend, wälzt sich der Lärm durchs Tal, heftet sich an unsere Fersen und läßt sich nicht abschütteln; Kilometer strecken sich in summendem Rauschen, hin und wieder zerrissen von einem LKW-Geheul. Das macht die Beine schwer. Ich fasse dich von Zeit zu Zeit; dann geht es wieder ein Stück.

Wir rasten mitten auf dem Weg, am Rande eines Rapsfeldes. Der Boden schlägt eine schöne Welle für uns, in die wir uns hineinschmiegen. Um uns herum ist Sommer mit Staub und Insekten, Reifen und Dörren, müden Vögeln und dem nun ferneren Geräusch der Autobahn.

Der Tag rundet sich um uns; wir trödeln, besichtigen, essen Torte. Wir erzählen uns, wir hören einander. Die Müdigkeit am Ende ist nicht nur die eines Weges in der Sonne; es ist diese Schleppe aus Lärm, die uns drückt. Die schütteln wir ab, lassen sie am Wegrand liegen. Nächstes Mal nehmen wir die nicht mit.

(Später sehe ich im Spiegel zwei Farben: meine Hand auf der Brust, als wären es die Häute zweier verschiedener Menschen. Als wäre ich nicht allein nach Hause gekommen.)
 
 
27. Juni 2014, 23:00                               ° gegangen

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Beim Versuch,
dich in deinen Geschichten zu finden, gerate ich auf Abwege, folge den überwachsenen Pfaden deiner Texte, verstricke mich tiefer und tiefer. Das hat scharfe Kanten: deinem Denken und Fühlen so nah zu sein und dir so fern.
 
 
25. Juni 2014, 19:35                               ° entfernt

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wechselhaft
Verschiedenes Wetter für dich und mich.
Aktuelle Lektüre: Wanderkarten.
 
 
19. Juni 2014, 13:44                               ° entfernt

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mit allzu dünner Haut
Die Schnellzugscheiben spiegeln dir nur deinen eigenen Blick; du weißt nicht, hinter welchem Fenster ich winke. Dann bleibt der Bahnhof zurück, und mit ihm die Stunden, die in diesem Tag unsere waren. Und schön.

Nur wenige Augenblicke zuvor, der Zug fuhr schon ein, sah ich, wie dein Kragen von deinem Pulsschlag bebte, während wir einander nicht loslassen mochten.

Davor war die Stadt uns freundlich gesonnen und hatte sich von ihrer zuckrigsten Seite gezeigt; wir waren hindurchgegangen wie Hans und Grete, Hand in Hand, und hatten doch nirgends angebissen.

Noch etwas eher lagst du auf einer Bank am Wasser, den Kopf auf meinem Schoß, die Stirn in Frieden. Spaziergänger und Radfahrer passierten uns, Frachtschiffe schoben sich vorbei, aber wir waren im Schatten der Weiden ganz für uns.

Dorthin waren wir auf heiteren Wegen gelangt, durch sonnenhelle Dorfgassen zwischen Gärten und herrlicher Aussicht; wir hatten die Wege rufen gehört und uns zugenickt.

Die Schritte bis da waren weniger sicher gewesen, die Blicke zerbrechlicher, selbst die Gegend weniger zugewandt. Ich mußte dich in den Arm nehmen, von Zeit zu Zeit, um zu wissen, daß es uns gut geht. Du strichst mir geduldig die Stirne glatt. Wir fanden unseren Weg über einen Friedhof; Leute mit Gießkannen grüßten. Irgendwann waren wir über den Berg.

Zuvor, am Bahnsteig, hielten die frühen Reisenden scheu Abstand von unserer Bank, wo du zusammengesunken saßest und ich versuchte, dich zu trösten; meinen Schal um dich wickelte, deine Tränen trocknete mit dem Hemd, dir Zucker in den Kaffee rührte und doch nichts bewirken, nicht mal einen halben Tag aus dem Hut zaubern konnte für dich, für uns. (Und was, wenn etwas Schlimmes wäre --) Aber du wurdest doch ruhiger in meinen Armen; du nahmst ein Taschentuch, ein paar Schluck Kaffee und meine Hand, und dann machten wir uns auf den Weg, vorsichtig, wie über Glas.

Gleich als du aus dem Zug sprangst und zu mir kamst, wußte ich's, hatte es schon geahnt, als ich dein Gesicht, deine Haltung hinter der Scheibe ausmachte: daß überhaupt nichts in Ordnung sei, du ganz aufgebracht und unglücklich, und ich hatte gedacht: oweh.
 
 
15. Juni 2014, 20:51                               ° gestolpert

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