Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
Zwei Wege
Der Morgen ist verschleiert, die Sonne steht niedrig im Dunst wie ein scharfrandiger Mond, als wir die Fähre nehmen. Hoher Sommer ist, aber ein milder: auch später sticht die Sonne nicht, der Himmel drückt nicht, und unter den Bäumen halten sich Teiche kühler Luft. Überall glänzen wilde Brombeeren und halten uns auf.
Der Weg kennt uns schon, und er hat ein paar Details verändert -- findet den Unterschied! Stand an dieser steinernen Scheune nicht riesig eine Schrift? Nur noch der oberste halbe Meter ist erhalten; der Rest der Buchstaben liegt als Bretterstapel daneben. Hier also kein Hotel mehr. Oder vielleicht bald wieder; schöner, neuer, größer.
Von Aussichtspunkt zu Aussichtspunkt gehen wir und staunen. Im Schneegestöber hatten wir gedacht, im Sommer müßte man hier wandern; jetzt gehen wir mit einem Bein im Winter. Hier war doch --; kommt jetzt nicht --? Weißt du noch? Weißt du noch!
Wir lassen uns Zeit; schließlich gehen wir ja zweifach. In einer Hütte hängt noch unser Gespräch von damals; wir schauen gar nicht hinein. Stattdessen legen wir uns daneben ins Gras, lassen uns von Schattenzweigen streicheln und machen die Augen zu.
Später finden wir den Ort, wo die Felsen niedersteigen zum unsichtbar rauschenden Bach. Krumme Eichen auf sonnenwarmem Fels, der Fluß ein fernes Glitzern. Da sitzen wir still nebeneinander, im Damals und im Jetzt und in der Schönheit dieses Platzes. Die Raubvögel schweigen; wir stehen auf und gehen leise weiter.
Für unseren Weg heute suchen wir uns ein neues Ende. Zwischen Brombeeren und Dost voller Schmetterlinge nehmen wir einen Pfad zum Fluß. Da sitzen wir noch ein wenig auf der Ufermauer und schauen dem Wasser hinterher; das läßt keinen Zweifel, daß es immer zwei Richtungen gibt. Der Bahnhof weiß das längst.
Zwei Richtungen. Daß wir uns nicht verirren. Und daß wir immer wissen, wie wir zueinander finden können.
6. August 2014, 21:48 ° gegangen
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Komm mit Zeit.
Ich möchte dich umarmen und ein kleines bißchen nie wieder loslassen.
5. August 2014, 16:14 ° erwünscht
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Zustand
Guten Tag wie gehts; fahren, arbeiten, essen; was machen wir denn heute, und einkaufen noch ... Unter der Beschäftigung mit den Dingen des Tages spüre ich auf einmal, daß da in mir etwas reibt und schneidet, schon eine lange Zeit. Ein Stein im Schuh. Ein verkehrt getragenes Hemd. Als müßte ich mich innerlich bis zum Zerreißen strecken nach etwas, das ich nicht erreiche, und kann und kann es doch nicht lassen.
4. August 2014, 14:20 ° entfernt
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Unterm Schleier
Ich konnte die Augen kaum mehr offenhalten. Die Türen nach draußen standen weit, die Hitze des Tages entwich -- und alles schlief, und überall war Nacht.
Es huschte im Gebälk. Du lagst eine Armeslänge, eine Unendlichkeit entfernt von mir, ein anders dunkler Umriß in der Schwärze. Alles, was mir fehlte. Ob du, fragte ich, ein Gedicht wissest für mich, zum Schlafen?
Im Dunkeln sah ich, wie du dich aufstütztest. Dann sprachst du, nach den Worten tastend, mit leiser Stimme vom Weg durch eine nächtliche Stadt, von unsichtbaren Bäumen und schwarzen Fensterscheiben und einer einsamen Laterne, hoch über den Giebeln in der Ferne, ein wachsamer Gruß für den Wanderer.
Und die Worte waren so schön; ich grub das Gesicht hinein und drückte sie an mich, wie ich das mit deiner Hand getan hätte, andernorts, und dann hatte mich der Schlaf auch schon davongetragen.
Am hellen Morgen weckte uns der Hahn. Das erste, was ich sah: war dein Gesicht.
28. Juli 2014, 16:21 ° gemerkt
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