Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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Zunächst
Du bist schon nackt, als ich zu dir komme. Du lächelst, schließt die Augen und überläßt dich meinen Händen. Und meine Hände begreifen dich: die zarten Stellen, die pulsenden und die, unter denen Knochen sind; die festen und die weich beflaumten Zonen deines Leibes, ein Wunder. Wie warm du bist, wie empfindsam, wie du unter meinen Fingern erschrickst, wie dir der Atem stockt.

Nicht lang, und Küsse werden zwingend. Einer führt zum nächsten und entlockt dir kleine Laute; dann fasse ich dich sacht an der Hüfte, und, da ist schon kein Verzögern mehr, vergrabe die Nase in deiner Leiste, stürze mich in deinen Duft. Eins von uns knurrt vor Behagen, das genügt -- alle Bedachtsamkeit ist dahin.

Du legst dich, daß ich dich ungehindert finde: was zart, was lockig und was biegsam ist, was nachgibt, was entgegenkommt. Ich spüre mit der Zunge: Walnuß, Leder, Waldboden. Du klagst mir leise deine Freude. Dann kommt meine Zungenspitze zu der winzigen Stelle, die feucht antwortet, spinnt ein Fädchen von dir zu mir; dann nehme ich dich zu mir, warm, glatt, und schmecke dich, ganz.
 
 
7. Oktober 2016, 19:52                               ° eingenordet

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bekannt
Die Rast am Waldsaum, auf einer Schattenbank oberhalb der Felder am Dorfrand: Meine Hand findet ganz von selbst einen Weg unter deine Kleidung, meine Finger über deine Flanken und Rippen, und du schließt die Augen, ziehst dein Hemd hoch und bietest mir die Brust, im Mittagslicht wie Milch oder Marmor, doch warm und salzig, meinen Lippen ein Willkommen. Man könnte uns sehen vom Dorf, das ist uns gleich, aber was, wenn jetzt jemand hier vorüberkäme? Dann behaupten wir, wir kennten einander nicht. Ganz einfach.

Auf dem weiteren Weg bekomme ich jedes Mal auf meine Frage: oh, kennen wir uns?, als Antwort einen entschiedenen Punkt.
 
 
18. August 2016, 19:49                               ° eingenordet

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Morgen aus Glas
Uns weckt klirrendes Licht. Es umfängt die Schale des Bettes, in der wir in zwei Hälften der Kern sind. Vor dem Fenster, weit draußen, schnattern Enten. Wir fassen nach einander. Meine Haut staunt über deine Hände, meine Hände über deine Haut.

Zu dir, näher, so nah es geht, und dem Gleißen mit Wärme begegnen. Im Kuß erwache ich zum zweiten Mal, da bist du ja längst schon, und ich weiß kaum, wie ich dich wollen soll, da lächelst du und flüsterst: drehst du dich?

Wir liegen in der Weite des Bettes. Ich breite die Arme ins Weiß. Deine Hand liegt leicht auf meiner Seite, dann faßt sie fester; dann kann ich dich spüren, dann höre ich auf zu schauen, dann höre ich auf deine Stimme:

sanfte Klage über alle Wunder, leiser und heller und voller als Worte; ein Klang wie Entspringen und Fließen und Überfließen, ein Gesang, der mich zärtlich überflutet

und mich aufnimmt und davonträgt, denn deine Stimme sagt mir wortlos: komm. Und ich komme, lasse mein Herz rennen, zerfließe in deinen Armen und hinein ins Hell, ins Weiß.

Entlang deinen Küssen, die auf meinen Nacken fallen, finde ich zurück. Draußen vorm Fenster wartet der Tag mit seinem Licht, seinen Enten, seinem Stundenschlag auf uns. Wir halten einander noch ein wenig, ehe wir ihm folgen.
 
 
2. April 2016, 18:47                               ° eingenordet

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Bleib.
So, genau so, ein wenig, ein wenig länger: laß mich ganz sein, ganz zu dir. Stell fest die Zeit. Laß ruhen Haut auf Haut, still, still.

Ich bin wach bis auf den Grund, es gibt kein Entgehen, nicht deinem Gewicht und nicht deiner Wärme und schon gar nicht deinen Küssen, mächtig, übermächtig, und ich möchte aus meiner Haut, um noch einmal zu spüren, alles.

Du bist Geduld. Du küßt, bis ich nicht mehr weiß, wo ich ende. Alles kehre ich nach außen. An meinen Oberflächen bricht sich die Zeit, bis

du dich von mir stemmst, mich hebst und alle Worte und Beherrschung fallen läßt, nicht ruhig, nicht leise, sondern ganz für mich ganz zu dir bist, ganz.
 
 
12. Dezember 2015, 09:25                               ° eingenordet

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Versuch
Im Kuß schon spüren wir die Verdichtung der Schwerkraft in der Gegend deines Bettes; im Kuß noch geben wir ihr nach. Du legst die Uhr ab und die dicken Kleidungsstücke, und dann machst du mir Platz: neben dir, auf dem Laken, das noch von der letzten Nacht verwirbelt ist, unter deiner Decke, in deiner Wärme; dein Duft steigt mir sofort zu Kopfe.

Ich lege mich längelang zu dir. Schenkel an Schenkel, mit gemischten Gliedern; Hüfte an Hüfte, Bauch an warmem Bauch. Mein Kopf findet Platz auf deiner Schulter, meine Hand schlüpft dir unter die Kleider. Du hast den Arm um mich geschlungen. Dann ist es eine Zeit nur Atmen; nichts als das. In Frieden, doch schon mit leisem Knistern.

Meine Finger haben deine Brust erreicht, den süßen, festen Punkt, der dich aufseufzen macht, was mich unter deine Kleidung treibt mit Nase und Lippen und Zunge, und da weiß ich auch schon sonst nicht mehr viel, mein Bauch ist eine zitternde Wiese, mein Schoß ein Brunnen. Ich atme dich und nippe von dir und wandere in Küssen über deinen Leib, da wirfst du ab, was du noch trägst, und liegst vor mir, warm und glatt und herrlich nackt.

Ich betrete den Garten, der du mir bist. Jeden Winkel kenne ich, und doch gehe ich alle Pfade mit pochendem Herzen; ein jedes Mal ist neu. Du atmest, du schauerst, du sprichst halbe Worte. Dann richtest du dich auf und schaust mich an, daß mir das Herz stockt, rückst beiseite und heißt mich liegen. Mit deinem stillen Lächeln kniest du dich zu mir.

Deinen Atem auf der Haut, im Haar: du atmest mich, und ich werde Luft. Dann ist da plötzlich deine Zunge, die vorsichtig prüft und mich unruhig macht, bis sie mir zwischen die Lippen schlüpft, bis du dich an mich saugst und ich deinen Wohllaut spüre tief im Schoß.

Da stütze ich mich hoch, um zu sehen: die Bewegungen deines Kopfes, die ich zugleich lebendig zwischen meinen Beinen spüre, deine Hand auf meinem Schenkel, deine Nase, um die sich mein Haar kraust; mir gefällt der Kontrast zwischen meiner Behaartheit und deiner Glätte. Dann spüre ich zum Spiel deiner Zunge hin, spüre mich ihm zu, spüre, wie du wieder und wieder den empfindsamsten Punkt besuchst; ich spüre, wie bedacht du bist und wie genau du mich kennst, und dann muß ich mich wieder sinken lassen, denn da wiegt das Innen schwerer als die Außenwelt, und die Augen schließen.

Langsam füllst du mich, füllst mein Becken und meinen Bauch, füllst mir Knie und Knöchel, Handgelenke, Gaumen und Schläfen mit Süße, bis sie mich ausfüllt und einhüllt, bis ich Süße atme, Süße bin.

Am Ende zwingt es mich in einen Bogen; dann strömt es fort, löst sich, ebbt ab und wird wieder Atem und Außen, Fühlen und Wollen, dann fühle ich dich, fasse nach dir und will, will dich.
 
 
4. November 2015, 19:10                               ° eingenordet

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Höhe
Mit dir sehe ich einen anderen Wald. Meine Aufmerksamkeit richtet sich auf die Horizonte, auf federnden Nadelwaldboden, Sonnenfelder und alles, wo man außer Sichtweite zu liegen käme.

Dein Blick geht in eine ähnliche Richtung, und heute schweift er nach oben. Da hat der Herbst die Bäume grün entfacht mit goldenen Spitzen. Wir klettern ein Stück bis zu einem sonnigen Platz am Hang. Das Licht nimmt uns in Empfang: es flammt von schwarzen Stämmen in den gleißenden Himmel, spiegelt sich im Laub auf dem Boden und fängt sich in Spinnennetzen.

Ein Nest, eine Warte; doch wir vergessen den Ausblick, die Schwerkraft, fügen dem Licht unsere eigene Helligkeit hinzu, zwei Herbstwesen im warmen Laub, aneinandergedrängt. Stimmen von Menschen aus dem Tal gehen uns nicht an. Es sieht uns niemand als der Himmel selbst, und der darf uns sehen.

Das Licht, das golden-grüne, das ziehe ich an und trage es, so lang ich kann, wie deine Küsse unter meinen Kleidern.
 
 
4. Oktober 2015, 23:27                               ° eingenordet

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a tergo
Darf ich, fragst du, und ich lasse mich nicht lange bitten; schon kommen wir ab vom Weg, der Wald steht uns offen, und besser jetzt, als wenn es regnet.

Du machst uns ein Lager im Laub. Wir liegen ein wenig unter den lichten Zweigen, unter den dunklen Wolken. Wie weiß mein Leib ist, und wie weiß der deine. Wollen wir? Wir wollen; das sagen wir einander mit Zittern und stockendem Atem, das sagt die Wärme unserer Haut, das sagt ihr Salz.

Du darfst und du willst und du sollst werden eins, das Laub raschelt, eine winzige Schnecke mit winzigem Haus quert ein Blatt, der Wind streift uns, du faßt mich fester. Keine Worte hört der Wald von uns. Am Himmel kreist ein indiskretes Flugzeug, doch das ist uns gleich.

Keine Worte hört der Wald von uns, bis die Erde uns an sich zieht. Als ich wieder zu Atem finde, ist die Luft kühl, das Laub plattgedrückt, die Schnecke verschwunden, die winzigkleine; davongerannt in einem ewigkurzen Augenblick.
 
 
23. September 2015, 23:18                               ° eingenordet

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draußen
Ein guter Schlafplatz wäre das, baumumstanden und vor Blicken sicher, aber wir schlafen nicht hier, nicht heute.

Heute legen wir die Kleider mit Bedacht in einen Sonnenfleck. Wir nehmen Platz und Raum: unsere Häute so verschieden hell, dem Licht entgegen; und die sanften Finger der Luft. Ich möchte dich, ganz still, ganz.

Unter uns raschelt das alte Laub und über uns rauscht das grüne, spiegelt sich in deinen Augen gemischt mit Himmel. Ob wir still sind oder auch nur leise, ob jemand schaut und wer, das ist nicht wichtig. Wichtig ist das Verstreichen des Windes, wichtig ist das Vergessen und Vergehen.

Später finden wir uns wieder im Licht, zwischen Laub und Laub, jeder Fleck Haut geküßt. Die Sonne hat uns und unsere Kleider warmgehalten. Wir haben es gut.
 
 
22. August 2015, 21:18                               ° eingenordet

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einander
Und wenn du ohne Kleider liegst, dich ohne Scheu und ohne Verstellung einfach hinschenkst meinen Augen, Händen, Lippen, dann bist du mehr als nackt, dann bist du ein Fenster, das mir offen steht, durch das ich schaue und dein Sehnen sehe, deine Schönheit, dein Entzücken; und all das findet seine Entsprechung in mir. Ich gehe zusammen mit dir in einer Landschaft spazieren, die unser beider Seelen ist.
 
 
12. Juni 2015, 12:25                               ° eingenordet

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einander zu
Die Dachschräge ist holzverkleidet, rot das Bettzeug, alles so fremd; und weiß scheint dein Gesicht auf dem Kissen im Licht des frühen Abends, glatt und weich. Du schläfst nicht; als ich ans Bett trete, lächelst du, schlägst die Decke zurück und rückst für mich zur Seite.

Ich halte inne. Du liegst so nackt in all dem Rot; der Schwung deiner Hüfte, die Kurve deines Bauches und dein Arm, der dir die Decke vom Leib hält, schlagen einen leuchtenden Bogen, dein Verlangen ist nicht zu übersehen, und ich vergesse zu atmen. Du liegst so nackt, so kostbar in dem grellen Tuch, nackter noch als nackt mit deinen geschlossenen Augen; du läßt mich sehen, daß ich kaum weiß wohin mit mir, und du lächelst;

da lege ich mich zu dir, ins Rote, und über dem unvertrauten Holz der Decke, über Latten und Sparren und Schindeln des Dachs wölbt sich der Himmel, der uns kennt.
 
 
6. Juni 2015, 23:15                               ° eingenordet

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