Wunderkarte: Pfad- und Wegelager
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petite mort
Worte suchen für das, was Worte nicht wissen.

Immer wieder am Rande. Am Rande dessen, was ich kenne; am Rande meiner selbst. Sanft dort hingeführt von deiner liebenden Aufmerksamkeit, lasse ich dich los; die letzten Schritte, Sprung oder Fall, und alles, was es gibt, bleibt zurück. Es ist nichts. Wird nie wieder, ist nie gewesen. Ich ahne, ein Staubkorn lang, die Leere. Entzücken, Verzweiflung, beides ist so wahr wie unzutreffend, wo kein Empfinden und auch kein Begriff mehr greift.

Irgendwann sammle ich mich an deiner Haut, kondensiere an deiner Anwesenheit, grundlos, bodenlos untröstlich, und weiß und weiß keine Worte; und das Glück, daß du da bist, kehrt langsam mit dem Atem wieder.

Ohne dich hätte ich den Weg nicht gefunden. Nicht hinaus, nicht zurück.
 
 
18. Mai 2015, 18:40                               ° eingenordet

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Neben der Spur
Keine Frage, wo der Pfad verläuft. Die Decke aus Laub hat alle Schritte gespeichert, eine klare Schneise aus verschobenen Blättern, aus anders zurückgeworfenem Licht.

Wir bleiben stehen, du schaust mich an, ich schaue dich an. Dann machen wir einen Schritt zur Seite, die Brombeeren haben noch keine Krallen, und fügen dem Pfad einen Abweg hinzu, eine Spur von vier Füßen zwischen den Bäumen, zu einer anderen Richtung entschlossen.

Hinterm Horizont des Weges machen wir uns ein Nest im Laub, wo die Anemonen eben die Blätter recken. Der Himmel so blau hinter den kahlen Zweigen. Deine Haut so weiß und warm, deine Arme so umfassend, du so zugewandt. Der Wanderpfad ist fern, die Bäume verschwimmen im Blau, alles blau, unsere Brillen ziehen sich scheu zurück und lassen sich erst finden, als sie wieder nötig sind.

Später umfange ich dich und schmiege mich an deinen Rücken. Vielleicht sind die Anemonen ein wenig gewachsen in dieser Stunde. Morgen, in zwei Tagen spätestens werden sie blühen, und keiner wird sie sehen.
 
 
11. April 2015, 20:39                               ° eingenordet

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Entzücken
Ich kann spüren, wie du dich unter meinen Händen verwandelst, wie du unter meinen Lippen ans Äußerste deiner selbst gerätst, wie nichts mehr ist zwischen dir und mir als deine Haut, mir ganz und gar zugewandt, und meine Antwort ist ein Atemzug, ein Zittern an der Oberfläche, ein Vergessen bis auf den Grund.
 
 
5. Februar 2015, 13:11                               ° eingenordet

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Dienstag
(Zusehen, wie Dein rechter Mittelfinger
in Dich eintaucht; atmelos warten, bis
die Lippen ihn wieder freigeben; den
Mund leicht öffnen; mich benetzen
lassen von deiner Fingerkuppe; mit
so befeuchteten Lippen Dich küssen;
endlich; Dein Atmen in meinem Ohr;
eine pochende Ader an Deinem Hals;
emporgehoben werden zweikörperig in
einem warmen, salzigen stillen Ozean.)
 
 
9. Dezember 2014, 22:28                               ° eingenordet

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sehr
Deine Augen sind geschlossen, eine Falte zwischen deinen Brauen, die Lippen weich; dann sinkt dir der Kopf in den Nacken. Im Bemühen, dich gerade zu halten, spannt sich dein Rücken, und du stützt die Arme auf.

Deinen Bauch sehe ich in der Verkürzung, deine Brust und die beiden festen, kleinen Punkte, die sich gegen das Dämmerlicht im Zimmer stemmen. Ich suche sie mit den Händen.

In deinen Atem mischt sich ein leiser Klagelaut. Deine Augen sind geschlossen, du hältst dich, so fest du kannst, aufrecht, deine Spannung ist meine, und du hältst dich, du hältst dich, und dann

schluchzst du auf, sinkst zu mir nieder und wisperst mir ins Ohr, ob ich, daß ich nur noch nicken kann, weil ich, so sehr, dich will.
 
 
2. Oktober 2014, 16:22                               ° eingenordet

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und weiter
Es ist schon wach wie träumen: gemeinsam heimkommen und müde die Tür ins Schloß, die Kleider zu Boden, uns aufs Bett fallen lassen.

Wie du da auf dem Bauch liegst, so erschöpft, das Gesicht dunkel von der Sonne und die Augen geschlossen, da möchte ich auf Zehenspitzen um dich sein und Abstand halten zwischen dich und die Welt.

Später legt sich die Nacht zu uns. Alle Dinge verlieren ihre Farben. Die Ränder des Bettes streben fort ins Weite. Wir halten uns in seiner Mitte, flüstern uns unsere Namen: wir schlafen miteinander so gut, wie wir miteinander gehen.

Worte, keine Worte mehr, dein Gesicht, dein Gewicht. Wir wagen uns hinaus und kommen heim. Ist es ein Traum, sind es zwei? Ach, ganz gleich.

Und weiter.
 
 
5. Juni 2014, 14:47                               ° eingenordet

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Glück gehabt
Stunden, keine zwölf, jede ein ganzer Tag: ein Tag der Küsse, einer des Betrachtens und Begreifens, ein Tag außer sich und mehrere blinde des Schlafs, an dich gelehnt durch die Dunkelheit. Oh, dieser Tag des Allmählich-zu-sich-Kommens, in Duft und Wärme und im Wissen: wenn ich die Augen öffne, bist du immer noch da. Ein halber Tag mit Kaffee und deiner morgenrauhen Stimme. Ein Kuß. Die Tür. Die Welt knirscht und ruckt, und auf der Straße schon geht die Zeit ihren gewöhnlichen, hastigen Schritt.

Wir haben nur Stunden, um miteinander alt zu werden.
 
 
11. Mai 2014, 11:28                               ° eingenordet

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Silber
Willkommen, sagt die Hügelkuppe: nehmt Platz im Laub, da ist es trocken und weich. Die Buchen tragen noch kein Blatt, aber dafür steht die hohe Kiefer da und mildert die Sonne ein wenig.

Wir legen ab. Ohne Scheu, die Kleider wie die Brillen; und das Licht umfaßt deinen Leib, wie du meinen umfaßt, klar und sanft. Ich schließe die Augen nicht. Weiß leuchten wir beide im kupfernen Laub, und wie wir uns umeinander winden, strahlt über deinen Schultern der Himmel. Ich schließe die Augen nicht; das Blau in deinem Rücken ist durchwirkt von Stämmen und Ästen und Zweigen, schattenhaft fern. Die Kiefer, eine dunkle Form, rauscht auf, ein Buchfink tönt, und dann nur noch ein Wort in zwei leisen, dringlichen Stimmen: du. Du, du.

Ich schließe die Augen nicht: der Himmel wird hell, mit einemmal schärft sich das Bild. Ich sehe Stämme und Äste und Zweige, besetzt mit glänzenden Knospen, prallen, silbernen Perlen, ich sehe silbrige Tropfen von Harz auf der Kiefernborke, und dann, ich schließe die Augen nicht, gleißendes, silberhelles Nichts.

Wenig später, fest in deinem Arm, liegt es kühl auf meinen Wangen.
 
 
3. April 2014, 15:14                               ° eingenordet

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Selbst
Fürs Einander geschaffen:
Mit dir
das Unteilbare teilen.
 
 
11. März 2014, 22:47                               ° eingenordet

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eins und eins
Oh, diese Süße.

Es ist vielleicht dein Duft, der meine Stimme rauh macht vor Verlangen; es sind die Wärme und das Schauern deiner Haut, die meine Hände weiter und weiter führen, über Wellen und Wölbung, bis sie dann

diese zwei Punkte konzentrierter Süße ertasten, die unter meiner Liebkosung aufspringen, und die

meinen zitternden Fingerkuppen in gleicher Zärtlichkeit begegnen, die über Finger und Hände zurückströmt zu mir und

mir dasselbe Entzücken schenkt, denselben Laut entlockt wie dir.



(Und wie dann die Worte nicht reichen, nie.)
 
 
8. Februar 2014, 17:50                               ° eingenordet

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